Erklärung des Bündnisses „Gemeinsam gegen Rechtsextrem“ zum Hof und Gassenfest 2008Im Rahmen des Hof- und Gassenfestes in Bruchköbel hatte das Bündnis Gemeinsam gegen Rechtsextrem einen Stand in der Köhlergasse. Unter dem Motto „Gemeinsam rocken gegen Rechtsextrem“ spielten dort an beiden Abenden des Festes jeweils drei Bands. Nach Abschluss des Konzertes am Freitag, den 20. Juni kam es durch eine Gruppe von 15 bis 20 Neonazis zu einem Versuch den Stand des Bündnisses, an dem sich zu diesem Zeitpunkt noch rund 20 bis 30 Personen befanden, anzugreifen. In diesem Zusammenhang kam es zu Zwischenfällen mit der Polizei. Das bedauern wir sehr. Allerdings müssen wir der Darstellung der Geschehnisse des Abends, wie sie im Polizeibericht statt findet, widersprechen.
Zum NaziangriffNachdem das Konzert am Freitag, den 20. Juni gegen ca. 0.20 Uhr endete, und der Abbau der Technik in vollem Gange war, kam es um ca. 0.40 Uhr zu einem Angriffsversuch seitens einer Gruppe von 15-20 Neonazis. Die Gruppe formierte sich am Ende der Köhlergasse. Die meisten trugen Handschuhe, einige waren mit Flaschen und Stangen bewaffneten. In der Gruppe befanden sich mehrere stadtbekannte Neonazis, wie etwa der zu einer Bewährungsstrafe verurteilte Benjamin Camus. Bereits einige Minuten zuvor waren vier Neonazis vom Stand weggeschickt worden, die wohl als „Späher“ agierten. Alle Umstände deuten darauf hin, dass es sich hierbei um einen geplanten Angriff der Neonazis auf den Stand des Bündnisses handelte. Die einzig verantwortungsvolle Handlungsmöglichkeit stellte aus Sicht der Personen, die sich zu diesem Zeitpunkt noch am Stand befanden, dar, sich den Neonazis gemeinsam entschlossen entgegen zu stellen. Der Sicherheitsdienst wurde durch die Anmelder des Standes umgehend informiert und gebeten zur Hilfe zu eilen. Nach ungefähr drei Minuten trafen Polizei und Sicherheitsdienst ein. Zu diesem Zeitpunkt standen sich die beiden Gruppen in einem Abstand von rund 10 bis 15 Metern gegenüber. Es wurde „Nazis raus“ und „Haut ab“ gerufen. Am Rande dieser Situation versuchte ein betrunkener Jugendlicher eine Diskussion mit den Helfern anzufangen (s.u.). Die Situation wurde von Sicherheitsdienst und Polizei vollkommen falsch eingeschätzt. Anders ist es uns nicht möglich zu erklären, weshalb den Neonazis keinerlei Beachtung geschenkt wurde, während direkt damit begonnen wurde, jene Personen, die einen Angriff verhindern wollten zurück zu drängen. Die Neonazis blieben stehen und beobachteten das Geschehen, bis sie schließlich einige Zeit später mit den Worten „Wir kriegen euch noch“, vollkommen unbehelligt durch Polizei und Sicherheitsdienst, abzogen. Es war also nahe liegend, dass sich nach wie vor Neonazis in der Umgebung befanden und nicht auszuschließen, dass diese erneut einen Angriffsversuch starten würden. Den Hinweis darauf und die Bitte nach Schutz nahm die Polizei nicht ernst. Die Rechtsextremisten seien nach Hause gegangen, entgegnete die Polizei. Da Übergriffe durch Neonazis auf einzelne Personen auf dem Nachhauseweg zu befürchten waren, wurde beschlossen nur in Gruppen, mit dem Auto oder Taxi nach Hause zu fahren.
Ungefähr 20 Minuten nachdem die Polizei den Konzertbereich verlassen hatte, begannen einige ortsansässige Jugendliche Steine in den Konzertbereich und die wieder mit dem Abbau beschäftigten Helfer zu werfen. Die erneut herbeigerufene Polizei drängte diese daraufhin auf die Straße (Innerer Ring) ab, wo es dann zu Auseinandersetzungen zwischen den Jugendlichen und Fußballfans kam. Als Hintergrund hierfür und auch für den oben genannten betrunkenen Jugendlichen vermuten wir Ereignisse die bereits während des Konzerts stattfanden: Ein angetrunkener Jugendlicher riss 2 Banner des Bündnisses herunter und wurde daraufhin von der Polizei gestellt und festgehalten.
Zum PolizeiberichtUnser Eindruck, dass die Geschehnisse seitens der Polizei vollkommen falsch eingeschätzt wurden, wird durch den am 21.06.2008 veröffentlichten Polizeibericht unterstützt. Hier ist die Rede davon, dass „[...]gegen 0.40 Uhr eine Gruppe junger Leute erschien, die aufgrund ihres Erscheinungsbildes der rechten Szene zugehörig sind“. Was hier als „Erscheinen“ beschrieben wird, stellt wie oben bereits dargelegt einen organisierten Angriffsversuch stadtbekannter Neonazis auf den Stand des Bündnisses gegen Rechtsextrem dar. Dass nicht nur legitime, sondern zum Selbstschutz notwendige Entgegenstellen gegen diesen Angriff wird im Polizeibericht zu „Provokationen von Seiten der Konzertbesucher“ umgedeutet. Den Rechtsextremen wird in dem Polizeibericht unverständlicherweise zugebilligt einem Platzverweis nachgekommen zu sein. Dass genau dies nicht stattfand trug enorm zur Anspannung der Situation bei. Die Neonazis standen, wie oben berichtet, die gesamte Zeit über in Sicht- und Hörweite und beobachteten das Geschehen. Sie konnten trotz der Drohung „Wir kriegen euch noch.“ geschlossen als Gruppe gehen. Es wurden keinerlei Kontrollen oder Durchsuchungen seitens der Polizei durchgeführt. Die enorme Bedrohung der Helfer durch die teilweise bewaffneten Neonazis wird in keinster Weise erwähnt. Aufgrund der noch laufenden Verfahren können wir hier keine Stellung zu dem im Polizeibericht erwähnten Vorfall mit der Polizistin beziehen. Dennoch sei noch einmal betont, dass wir es sehr bedauern, dass es zu Zwischenfällen mit der Polizei gekommen ist. Unglücklicherweise wurde der Polizeibericht von vielen Zeitungen ohne Recherche übernommen. Dies führte zu einem völlig falschen Bild bei deren Lesern. Lediglich von Seiten des „Bruchköbler Kurier's“ kam es zu Rückfragen an das Bündnis.
Hintergrund:Bereits zu Beginn des Hof- und Gassenfestes kamen immer wieder Besucher zu den Helfern im Bereich des Bündnisses „Gemeinsam gegen Rechtsextrem“, um vor den auf dem Fest anwesenden Neonazis zu warnen. Auch Schüler berichteten über Gerüchte die an der Schule kursierten, dass das Konzert überfallen werden solle. Die Anwohner berichteten über Neonazis, die ein paar Tage vor dem Fest den Platz auskundschafteten. All diese Informationen wurden mehrfach an den Sicherheitsdienst weitergeleitet. Neben einer Gruppe von ca. 10 Rechtsextremen, die gut sichtbar mehrere Stunden vor der Kirche saßen, waren auch einzelne Rechtsextreme auf dem Fest anzutreffen.
Samstag:Auf einem Treffen zwischen den Veranstaltern des Hof- und Gassenfestes, dem Bürgermeister, Vertretern des Bündnisses „Gemeinsam gegen Rechtsextrem“ und Vertretern der Polizei wurde am Samstag ein angemessenes Sicherheitskonzept erörtert. Es wurde ein direkter Kontakt zwischen den eingesetzten Polizeikräften und Vertretern des Bündnisses „Gemeinsam gegen Rechtsextrem“ hergestellt, die Polizeikräfte wurden verstärkt, den Rechtsextremisten wurde eine Bannmeile für den Bereich des Bündnisses „Gemeinsam gegen Rechtsextrem“ auferlegt und der Sicherheitsdienst schützte zusammen mit der Polizei tagsüber, sowie über den Zeitraum des Abbaus den Konzertbereich. Somit war es der auch Samstags erneut gesichteten (Bahnhof) und der Polizei sofort gemeldeten Gruppe Neonazis unmöglich, erneut den Bündnisbereich zu attackieren. Auch der durch telefonische Warnung bekannte und angeblich im Internet verbreitete Treffpunkt der Rechtsextremen, von dem aus ein erneuter Angriff durchgeführt werden sollte, wurde gemeldet und durch eine Polizeistreife überwacht.
Fazit:
Die Ereignisse auf dem Hof- und Gassenfest machen deutlich, wie unerlässlich eine klare Positionierung gegen Rechtsextremismus ist. Es ist erschreckend, wie offen und selbstbewusst die Rechtsextremen den ganzen Abend über auf dem Fest auftreten konnten. Nachdem Probleme mit Neonazis in Bruchköbel nun schon eine ganze Weile bekannt sind, hat sich im vergangenen Frühjahr, um dieser Situation entgegen zu wirken, das von Jugendverbänden, Schulen, Kirchen, Parteien und Gewerkschaften getragene Bündnis „Gemeinsam gegen Rechtsextrem“ gegründet. Dass dies den Rechtsextremen ein Dorn im Auge ist, liegt auf der Hand. Wie der Polizei bekannt ist, versuchten Rechtsextreme bereits bei vorherigen Veranstaltungen des Bündnisses, diese zu stören. Die Einschätzung der Gefahrensituation durch Angriffe seitens der Neonazis wurde eindeutig unterschätzt. So das die Sicherheit der Helfer des Bündnisses nicht gegeben war. Weshalb der Sicherheitsdienst trotz der häufigen und detaillierten Warnungen keine Sicherheitskräfte zu dem Konzertbereich abstellte oder zumindest die Polizei informierte, können wir nicht nachvollziehen. Es bleibt fest zu halten, dass es vor allem dem gemeinsamen entschlossenen Verhalten der Abbauhelfer zu verdanken ist, dass der versuchte Angriff der Neonazis verhindert wurde.
Es wird deutlich wie wichtig es ist, dass alle Bürgerinnen und Bürger gemeinsam für ein Klima sorgen, in dem für Rassismus und Rechtsextremismus kein Platz ist. Das Bündnis wird seine Arbeit fortsetzten und ruft alle Bürgerinnen und Bürger, alle Vereine und alle Organisationen auf, sich nach Kräften gemeinsam in dem Bündnis zu engagieren. Wir wollen in einem solidarischen und friedlichen Miteinander leben. Für ein offenes und friedliches Bruchköbel. Regelmäßige TreffenDie regulären Bündnistreffen finden einem mal im Monat in den Bauernstuben des Bürgerhauses Bruchköbel statt. Das nächste Treffen wird am 3. oder am 10. Juli stattfinden. Sobald der Termin feststeht, wird er hier veröffentlicht und über den Verteiler bekannt gegeben. Um in den Verteiler aufgenommen zu werden, tragen sie sich bitte in unseren "Newsletter" ein. |
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